Gottfried Fabian, 1966 anlässlich einer Ausstellung in der Galerie im Griechenbeisl

Striche, die durch einsame Vororte schlurfen und randalieren. Striche, die miteinander raufen, sich zerfetzen, sich aus purer Begeisterung betrinken. Striche, die demütig niederknien, wenn sie spüren, daß es sie gibt, und Psalmen singen. Die sich umarmen und sich paaren. Die erröten und sich schämen. Striche, die jauchzen und jodeln in Gefängnissen, in die sie gesperrt wurden, weil sie im Stadtpark nackt badeten. Striche, die Rollschuh laufen mit einem Eislutsch in der Hand und mit dem Wachter Fangen spielen möchten. Striche, die sich besinnlich hinter dem Ohr kratzen und meditieren. Die auch im Smoking noch Mensch sind. Die Most und Sterz lieben, Sonnenblumen und gekalkte Wände. Die auf Rechtschreibung keinen Wert legen, die vor Wut rasen können, die nie Langeweile spüren, immer gespannt sind, die schmeicheln und werben ohne sentimentales Gehabe. Die dahergeknattert kommen auf starken Maschinen, dichtbehaarte, unüberwindliche, unzerstörbare, allesunfassende Striche. Solche Striche (und viele ähnliche) müsste einer machen können

Gottfried Fabian schreibt gedanken mit seinem pinsel manchmal geradlinige hie und da auch krumme gedanken
oft verknoten sie sich
verdichten sich erregt zu einer form
scheinbar zufällig
aber ich glaube nicht an zufall
alles hat sinn

seine gemälde
entstehen nicht fix und fertig
in seinem kopf
sie wachsen beim malen spontan
auf der weissen leinwand
die fertika fast immer betont

fabian versucht nie zu schmeicheln
ein richtiger puritaner
einzelgänger
unabhängig
überwindet er jede ästhetik
und entwickelt eine selbstständige bildsprache

bilder, immer bewegt
die handschrift manchmal nervös
heftig, ungestüm
dann wieder ganz ruhig
klar und direkt
betrachtende

erleben wir regungen der seele
auseinandersetzungen, streit
blitz, gewitter
und daneben friedliche anmut
zusammen: eine autobiographie
die keine begebenheiten notiert
aber zustände festlegt
für ihn und für uns     

w. sandberg, august 1977