Viktor Hulík wurde 1949 in Bratislava geboren, studierte dort von 1968 bis 74 an der Akademie der Künste und lebt und arbeitet immer noch dort. Trotz dieser Verbundenheit mit seiner Heimat ist er für mich ein „Global-Player“ der bildenden Kunst. Das verrät schon alleine die umfangreiche Liste der Länder weltweit, in denen er Einzel- oder Gruppen-Ausstellungen – häufig wiederholt – hatte, z. B. Norwegen, Frankreich, Schweiz, Großbritannien, Algerien, Mexiko, USA, Russland, Deutschland, usw. Seit einigen Jahren organisiert er auf Plätzen und in Galerien in Bratislava mit großem Erfolg die Ausstellung „Skulptur und Objekt“, an der voriges Jahr 176 KünstlerInnen aus 14 Ländern teilnahmen.
Von 1993 bis 95 war er der Vorsitzende des Berufskünstlerverbands der Slowakischen Republik. Neben seiner eigenen künstlerischen Tätigkeit betreibt er im Zentrum der Hauptstadt eine Galerie.
In seiner künstlerischen Entwicklung schlug der Konstruktivist einen sehr geradlinigen, systematischen Weg ein. Den kann man als einen vom Gegenständlichen zum Nichtgegenständlichen, vom Erkennbaren zum Verfremdeten, vom Bekannten zum Unbekannten bezeichnen. Hulík ist stets auf der Suche nach neuen Wirklichkeiten, an denen einerseits er sich selber vertiefend, weit eintauchend, abarbeitet und andererseits den BetrachterInnen die Gelegenheit zum aktiven Mittun einräumt, zum Teil förmlich aufdrängt: Wir Hingucker sollen Mitmacher werden. Die bloße ästhetische Konsumtion wird in ein ganzheitliches geistiges und körperliches Engagement der Davorstehenden transferiert. Das hängt stark mit seiner Auffassung vom menschlichen Leben zusammen, nach der jedes humane Wesen dynamisch angelegt ist und nicht statisch wie eine Brücke oder ein Hochhaus unveränderbar im Leben steht. Körperliche, geistige und seelische Veränderung, Weiterentwicklung gehören - gewissermaßen systemimmanent - zum Menschen. Und der Künstler schafft Anreize, um dazu zu motivieren, um ein solches aktives Eingreifen der BetrachterInnen zu ermöglichen.

In den 80er Jahren und zu Beginn der 90er Jahre klebte der Künstler Landschaftsposter auf bewegliche, zusammengefügte Elemente, einem Zollstock vergleichbar. Die Landschaft war dadurch in Streifen geschnitten und das Objekt in zusammengefaltetem Zustand gut erkennbar. Klappte man die Elemente auf bzw. auseinander, wurde die Landschaft entsprechend entfaltet und damit verfremdet. Das bezeichnet Jürgen Weichardt als einen Weg von der Ordnung zum Chaos.


Hulík ging seinen Weg Richtung Abstraktion – auch unter Einsatz des Computers mit ganz spezieller Software – konsequent weiter. Wir sind bei den Computer-Grafiken, ausgeführt in Plotter-Print, angelangt. Hier ausgestellt ist eine Auswahl von Arbeiten aus der Serie „Graphics 9E – Klon 2002 – Mutant 2003-2005“. Und dann folgt noch eine Einzelangabe. Was verbirgt sich hinter diesem Ungetüm an Titel?
Ausgangskonstellation für diese Serie ist das Chaos (Katalog S. 86), ein Durcheinander von Linien. Klon und Mutant stammen aus der mikrobiologischen, medizinischen Wissenschaft. Viktor Hulík verwendet sie außerhalb der Naturwissenschaften. Klon ist für ihn das erste Blatt, das er jeweils  in einem Jahr schafft. Alle weiteren Blätter im Lauf des Jahres werden von dieser Vorlage bestimmt und damit für ihn zu Mutanten. Das alles erarbeitet er am PC mit einem speziellen Programm. Bei diesen Prozessen spielt der Zufall eine gewisse Rolle, aber wichtig ist das Moment des Spielerischen. Einzelne Linien aus dem Ursprungs-Chaos werden angeklickt und verbreitert, verschoben, verkantet, aufgeweitet zu Flächen usw. Immer wieder legt er Farbflächen übereinander.Dabei kommt es aber nicht zu Farbmischungen. Die jeweils darüber liegende Farbe bleibt erhalten, die darunter liegende ist zum Teil nur noch an ihren Rändern erkennbar. So, wie die Farbpalette nahezu unbegrenzt zu sein scheint, trifft die Grenzenlosigkeit auch auf die Vielfalt der Formen und der Kompositionsarrangements zu. Dabei setzt er ausschließlich gerade Linien ein.